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Die „Echte Lungenflechte“, Lobaria pulmonaria, ist die Flechte des Jahres 2012
Die Echte Lungenflechte ist eine unser auffälligsten, zugleich aber auch eine unserer seltensten Flechtenarten. In Mitteleuropa hat sie sich seit der Industriealisierung fast vollständig in die Gebirge zurückgezogen, wo sie in den Bergwäldern an den Stämmen alter Laubbäume hin und wieder anzutreffen ist. Sie fällt sofort durch die bis zu mehrere Dezimeter Durchmesser erreichenden, blattartigen und zerschlitzten Lager auf, die trocken unscheinbar graugrün erscheinen, im nassen Zustand aber lebhaft grün werden.
Ihre Oberfläche ist grubig verunebnet und weist neben Soralen (die der vegetativen Verbreitung dienen) seltener tellerförmige Fruchtkörper (Apothecien) auf, in denen die sexuell gebildeten Sporen heranreifen. Die hell- bis dunkelbraune, ebenfalls unebene Unterseite ist großenteils fein filzig behaart. Die Art ist weltweit verbreitet mit einem Schwerpunkt in den Gebirgen der Nordhemisphäre (vor allem in Europa und Nordamerika).
Lobaria pulmonaria ist die namengebende Charakterart des Verbandes Lobarion pulmonariae (Lungenflechten-Gesellschaften) der durch hohe Niederschlagssummen geprägten Bergwälder, in denen sie zusammen mit anderen Flechten und Moosen die Stämme von alten Buchen, Bergahornen und anderen Laubbäumen bedeckt. Dabei ist sie, wenn nur die Luftreinheit und die Niederschlagsmengen stimmen, nicht wählerisch bezüglich der Temperatur: In Europa kommt sie von den Gebirgen Siziliens bis in den hohen Norden Skandinaviens vor. Die Lungenflechte ist ausgesprochen anfällig gegenüber Luftverunreinigungen, wobei offenbar schon Einzelereignisse ganze Bestände vernichten oder zumindest stark schädigen können. In den Roten Listen gefährdeter Flechten wird sie in Deutschland als "vom Aussterben bedroht", in Österreich als "gefährdet" und in der Schweiz (wo sie das Titelblatt der Roten Liste ziert) als "verletzlich (vulnerable)" geführt. In der Bundesartenschutzverordnung (Deutschland) wird sie als einzige Flechtenart mit dem Status "streng geschützt" geführt. In der Schweiz ist sie durch die Natur- und Heimatschutzverordnung geschützt und darf nicht gesammelt werden. Trotz der hohen Verantwortung Europas für den Erhalt der Art ist sie in keinem der Anhänge der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union verzeichnet.
Zur Gefährdung der Art trugen oder tragen neben der (nun glücklicherweise zurückgehenden) Luftverschmutzung die Umwandlung alter Laubmischwälder in Fichtenmonokulturen, Eingriffe in den Wasserhaushalt der Bergtäler sowie nicht zuletzt das früher verbreitete Absammeln der leicht zu findenden Flechtenlager bei. Genutzt wurde die Lungenflechte in früheren Zeiten gemäß der Signaturenlehre als Mittel bei Lungenkrankheiten (die grubige Oberflächenstruktur mag an das Aussehen der menschlichen Lunge erinnern). Wie etliche andere Flechten auch (etwa die bekanntere, auch jetzt noch in der Pharmazie eingesetzte Island-Flechte) enthält die Lungenflechte zahlreiche Inhaltsstoffe, die möglicherweise antibakteriell oder schleimlösend wirken. Wohl auch wegen der geringen Verfügbarkeit wird sie heute nur noch in der Homöopathie eingesetzt.
http://www.youtube.com/watch?v=Q9ohjpJntGQ - youtube fehlender LINK
Fotos von der Echten Lungenflechte (Bildvergrößerung durch Mausklick)
Aufnahmeort: Kronwinkelmoos, Allgäu (BY, D). Sehr großes Lager der Echten Lungenflechte
Altes Exemplar der echen Lungenflechte mit zahlreichen, braunen Apothecien, Aufnahmeort: unterhalb des Belchengipfels, Schwarzwald (BW, D). Foto: NJ Stapper.
Lagerausschnitt mit Fruchtkörpern; Aufnahmeort: Julische Alpen (I). Foto: NJ Stapper. Lobaria pulmonaria c. apo.
Lobaria pulmonaria zusammen mit dem Eichhornschwanzmoos Leucodon sciuroides an einem Baum in etwa 1200 m üNN in den Lefka Ori auf Kreta, Griechenland. Foto: NJ Stapper. Lobaria pulmonatia at Lefka Ori, Crete, Greece (NJStapper)
Das „Grüne Koboldmoos“, Buxbaumia viridis, ist das Moos des Jahres 2012
Die Koboldmoose sind durch ihre eigentümliche Gestalt fast unverwechselbar: Im Gegensatz zu allen anderen heimischen Moosen tragen sie als ausgewachsene Pflanzen keine sichtbaren Blätter, sondern bestehen nur aus dem Stämmchen und der Sporenkapsel. Beim Grünen Koboldmoos (Buxbaumia viridis) ist diese mehr oder weniger zylindrisch, aufrecht und bleibend grün, bei der Schwesterart, dem Blattlosen Koboldmoos (Buxbaumia aphylla) ist die Sporenkapsel dagegen abgeflacht, geneigt und bald bräunlich.
Die beiden Arten (die einzigen europäischen der weltweit etwa 10 Arten umfassenden Gattung) unterscheiden sich auch in ihrem Lebensraum: Während das Blattlose Koboldmoos überwiegend auf sandig-lehmigen Böden in trockenen und lichten Wäldern lebt, wächst das Grüne Koboldmoos vor allem auf Totholz von Nadelbäumen (Fichte, Tanne) in luftfeuchten, schattigen Wäldern. Es bevorzugt dabei niederschlagsreiche Gebiete und Schluchten oder Nordhänge und kommt besonders gerne in Bachnähe vor. Nur ausnahmsweise ist es auf Erde oder an Felsen zu finden.
Das Grüne Koboldmoos ist über die nördliche Hemisphäre verbreitet und hat seinen Schwerpunkt in Mitteleuropa und im südlichen Skandinavien. Entsprechend des bevorzugten Lebensraums zeigt sich ein ausgesprochenes Nord-Süd-Gefälle: Im norddeutschen Flachland scheint die Art ausgestorben zu sein, während sie in den süddeutschen Mittelgebirgen und dann in den Alpen hin und wieder gefunden werden kann. In den Roten Listen der Moose wird Buxbaumia viridis in Deutschland und Österreich als "stark gefährdet", in der Schweiz als "potenziell gefährdet" geführt. In der Schweiz gehört Buxbaumia viridis zu den "kantonal zu schützenden Arten". Die Gründe für den Rückgang der Art sind nach wie vor unklar, da der Anteil der Nadelholzforsten stark zugenommen hat und das Grüne Koboldmoos nicht nur auf liegendem Totholz, sondern gerne auch an den verrottenden Stubben siedelt. Diese sind auch in den Nadelholzmonokulturen in ausreichender Zahl vorhanden. Möglicherweise ist eine Kombination aus Eingriffen in den Wasserhaushalt und dem Einfluss der sauren Niederschläge auf das kaum abpuffernde Substrat für den Rückgang der Art verantwortlich zu machen.
Das Grüne Koboldmoos ist eine der wenigen Moosarten, die in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union berücksichtigt worden sind. Sie wird als prioritäre Art im Anhang II geführt, in dem Arten von gemeinschaftlichem Interesse aufgelistet sind, "für deren Erhalt besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen." Zur Förderung der Art sollte neben der Sicherung des Wasserhaushalts in luftfeuchten, schattigen Bachtälern für einen ausreichenden Anteil an liegendem Totholz (von Fichte oder Tanne) gesorgt werden. Dies geht außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets der Fichte nicht ohne Konflikte ab, da Fichtenbestände in Bachtälern des Hügel- und Berglandes sonst wenig erwünscht sind. Eine Förderung der Tanne, wo dies standörtlich möglich ist, und der Erhalt von Fichteninseln auf Sonderstandorten in kühl-schattigen Tälern sollte akzeptabel sein.
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