Notwendige technische Hilfsmittel - was ist das Minimum?

Wenn man die Moosflora eines Gebietes und die von den jeweiligen Arten besiedelten Substrate bereits gut kennt, wird man viele Arten auch ohne Hilfsmittel sofort ansprechen können. Aber grundsätzlich gilt: Moose sind klein und die zur korrekten Bestimmung wesentlichen Merkmale sind ohne technische Hilfsmittel nicht zu erkennen.

Wichtigstes Hilfsmittel ist eine 10fach vergrößernde Lupe. Ideal sind so genannte Einschlaglupen, weil hierbei die Linse bei Nichtgebrauch in einem Gehäuse geschützt ist. Es gibt Modelle in unterschiedlichster Ausführung und Preisklasse, und "teuer" heißt nicht zugleich "gut" in der Anwendung. Einfache, am häufigsten benutzte und vollauf ausreichende Modelle bestehen aus zwei plankonvexen Linsen, wobei die planen Flächen jeweils außen liegen. Preislage ab 5 Euro auf dem Flohmarkt. Einziger Nachteil ist, dass Feuchtigkeit zwischen diese Linsen gelangen kann und dann das System von innen beschlägt und somit trübe wird. Das ist zumeist dann der Fall, wenn man an besonders feuchten Stellen nach langer Regenwanderung die ganz besonders interessanten Arten erwartet...

Leuchtlupe 'Lichen candelaris'; Herstellerfoto: Erich Zimmermann, Lüterswil, CH
Leuchtlupe "Lichen candelaris"; Herstellerfoto: Erich Zimmermann, Wengi, CH

Besser und deutlich teurer sind verkittete Triplett-Lupen. Diese bestehen aus drei miteinander verklebten Linsen, Beschlagen von innen ist also unmöglich, und auch das nutzbare Gesichtsfeld dieser Lupen ist, bei gleichem Linsendurchmesser, meist größer. Spitzenreiter sind sogenannte Kombi-Lupen, die aus mehreren Linsensystemen (zumeist Tripletts) bestehen, die miteinander kombiniert werden können und Vergrößerungen von z. B. 10- bis 28fach erlauben (Weinschenklupe). Ein Mitglied der BLAM, Erich Zimmermann, fertigt seit einigen Jahren mit Tripletten versehene, robuste Leuchtlupen an (nebenstehende Abbildung), die zwar sehr teuer sind, aber aufgrund der Beleuchtung mittels weißer LEDs ebenso praktisch (Hersteller-Information runterladen als PDF / download product flyer in English, PDF). Über das Internet sind Leuchtlupen aus z. B. chinesischer Produktion von teils hervorragender optischer Qualität mit unterschiedlicher Vergrößerung und mit weißen oder UV-LEDs zu erwerben. Moose (oder Flechten) in einem Borkenriss am Stammfuß eines Waldbaumes kann man zwar auch mit einer unbeleuchteten Lupe erkennen, doch wenn die zweite Hand dabei eine Lampe hält, merkt man sehr rasch, dass eine dritte Hand zum Abstützen fehlt...

Am Anfang nicht zwingend notwendig ist ein Stereomikroskop. Ebenso wie ein Fernglas besitzt dieses Auflichtmikroskop 2 getrennte optische Tuben und ermöglicht somit räumliches Sehen ("Feldstecher für die extreme Nähe") bei Vergrößerungen zwischen typischerweise 10- und 60fach. Muss man Querschnitte von z. B. Seten oder Moosblättchen anfertigen, dann erledigt man das am besten und leichtesten unter stereomikroskopischer Kontrolle. Schon aufgrund ihres doppelten optischen Aufbaus sind diese Geräte meist recht teuer. Einfache Stereomikroskope mit fester Vergrößerung kann man schon für 200,- Euro erwerben, für langlebige Laborausführungen mit stufenloser Vergrößerungswahl sind mindestens 1500,- Euro anzulegen, und je nach Marke und Ausstattung steigen die Preise ins Unermessliche. Im mittleren Preissegment ist ein Fototubus relativ teuer und verzichtbar, da in den meisten Fällen ein Makroobjektiv an einen Balgengerät deutlich bessere Bilder ermöglicht. Für hochpreisige Stereomikroskope im fünfstelligen Eurobereich dürfte das anders sein. Bevor man sich ein Stereomikroskop anschafft, sollte man z. B. im Forum mikroskopie.de stöbern und ggf. dort um Tipps anfragen. Auch das englischsprachige Micsape-Magazine ist eine Fundgrube für Tipps und Ideen rund um die Mikroskopie.

Tortula virescens, Blattquerschnitt mit Papillen; Foto: Stapper; man erkennt leicht, dass dieses Foto aus einer Fokusserie zusammengerechnet wurde (s. u.)
Tortula virescens, Blattquerschnitt mit Papillen; Foto: Stapper; man erkennt leicht, dass dieses Foto aus einer Fokusserie zusammengerechnet wurde (s.u.)

Unverzichtbar ist ein Mikroskop. Dies muss kein High-End-Gerät sein. Praktisch jedes Kursmikrokosp mit einäugigem Einblick, 40- bis 400facher Vergrößerung, Kondensor und Beleuchtung reicht schon aus.

Anstelle der elektrischen Beleuchtung (ideal: LED) reicht sogar ein Spiegel, was im Gelände ganz praktisch sein kann (Baumstumpf als "Mikroskopier-Tisch"...). Aber ganz so spartanisch muss es nicht zugehen. Ein Objektführer (Kreuztisch) erleichtert die Arbeit ungemein, ein höhenverstellbarer und zentrierbarer Kondensor mit Irisblende ist heute Standard, und beidäugiges Sehen durch einen Binokulartubus ist zumindest sehr komfortabel. Sofern man nicht durch das Mikroskop fotografieren möchte, kann man sich mit einfachen Objektiven begnügen, die nahe der optischen Achse sehr scharf abbilden (Achromat, Clinical-Plan-Achromat). Phasenkontrast wird man in der Bryologie so gut wie nie benötigen, und "normale" Durchlicht-Objektive ohne Phasenring bilden kontrastreicher ab als die ansonsten baugleichen, aber "beringten" Phaco-Objektive.

Phascum vlassovii, Blattquerschnitt mit Papillen; Foto: Stapper
Phascum vlassovii, Blattquerschnitt mit Papillen; Foto: Stapper

Sehr hilfreich und oft als "Interferenzkontrast der armen Leute" bezeichnet ist die so genannte schiefe oder zirkulär schiefe Beleuchtung, die man mittels eines Stücks Pappe oder einem zwischen Kondensor und Lichtquelle gehaltenen Stift sehr einfach realisieren kann. Will man ein größeres Gesichtsfeld (Sehzahl 23 etc.), dann muss man wegen der insgesamt breiter dimensionierten Optik deutlich tiefer in die Tasche greifen. Heutige Markenmikroskope sind mit so genannter "Unendlich"-Optik ausgestattet (das Objektiv bildet im Unendlichen ab, eine Tubuslinse erzeugt das Zwischenbild, dies erleichtert den Einsatz zwischengeschalteter Optiken), was allein aber nicht heißt, dass sie guten "Endlich"-Systemen (das Objektiv allein erzeugt das Zwischenbild, Okular und Objektiv sind zur Bildfehlerkorrektur aufeinander abgestimmt) in der Abbildungsgüte überlegen sein müssen. Auf die Nennung von Markennamen wird hier absichtlich verzichtet. Ähnlich wie im Fall der Stereomikroskope wird für weitere Informationen zu einzelnen Modellen der Besuch einschlägiger Internetforen und Hersteller-Websites empfohlen. Von letzteren kann man eventuell auch Anleitungen zur Pflege der Geräte herunterladen. Vor dem Kauf sollte man mit dem Händler oder Außendienstmitarbeiter/in einen Termin verabreden, um die in Frage kommenden Geräte mit für die zukünftige Anwendung typischen Präparaten auszuprobieren. Für den Umgang mit dem Mikroskop und was man an Kleinteilen benötigt, wird z. B. auf die "Mikrofibel" (Henkel 2003) verwiesen. Bevor man sich ein gebrauchtes Gerät zulegt oder eines selbst zerlegt und reinigt, sollte man vorher unbedingt fachkundigen Rat einholen.

Was man im Gelände zusätzlich zur Lupe dabei haben sollte: einen Spachtel zum Abheben von Moosrasen vom Erdboden oder glatten Gesteinen; ein Messer mit möglichst kurzer Klinge, die sich sicher führen lässt, um Moose zu ernten oder Polster zu zerteilen; eine kleine Zerstäuberflasche mit Wasser, um trockene Moose zu "beregnen"; einen Sortierkasten aus Plastik, in dem man Moosproben unter Erhalt ihrer Struktur mitnehmen kann, um sie später daheim zu fotografieren; Butterbrottüten ("Jausensackerl") oder aus A4-Bögen gefaltete Herbarkapseln, oder billiger: Zeitungspapier als Verpackung für die Moosproben. Mehr zum Thema Moose sammeln finden Sie hier.