Texte von Wolfgang von Brackel und Holger Thüs.

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Stand: Dezember 2024

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Ein Leben an und ums Wasser

Die Wasser-Hautflechte (Hymenelia lacustris) und das Filzige Haarkelchmoos (Trichocolea tomentella) sind Flechte und Moos des Jahres 2025.

Wolfgang von Brackel & Holger Thüs

Die Wasser-Hautflechte (Hymenelia lacustris) und das Filzige Haarkelchmoos (Trichocolea tomentella) sind Flechte und Moos des Jahres 2025. Die Wahl fiel dieses Jahr auf zwei Arten, die die Nähe des Wassers lieben.

Gewässer und Feuchtgebiete sind für zahlreiche Moosarten und eine kleinere, dafür aber hoch­spezialisierte Gruppe von Flechten unentbehrliche Lebensräume. Von Bedeutung sind nicht nur Quellen, Bäche, Flüsse, Sümpfe und Sumpfwälder, sondern auch oft inselartig verteilte und kleinflächige Sonderstandorte wie etwa langzeitig sickerfeuchte Felsen.

Die Liste der nachteiligen Eingriffe in diese Lebensräume ist lang: Neben der bewussten Trockenlegung von Feuchtgebieten zur Steigerung der land- und forstwirtschaftlichen Produktivität ist die Entnahme von Grundwasser ein wichtiger Gefährdungsfaktor für die an Gewässer und Feuchtgebiete gebundenen Moose und Flechten. Lange Zeit spielte der vor allem aus der Kohleverfeuerung stammende „saure Regen“ eine wichtige Rolle bei der Versauerung selbst abgelegener Quellen und Bachoberläufe. Obwohl sich die Gewässer vielerorts spürbar von der Versauerung erholen und die Azidität sich natürlicheren Werten wieder anzunähern beginnt, erfolgt eine Wiederbesiedlung durch spezialisierte Moose und Flechten nur langsam.

Gleichzeitig bleibt der Eintrag von Sedimenten, vor allem aus Feldern, die bis dicht an die Gewässerränder beackert werden oder die gar in Überschwemmungsgebieten liegen, ein anhaltendes Problem. Obwohl umfangreiche Investitionen in die Klärtechnik vielerorts erhebliche Verbesserungen bei der Gewässergüte zur Folge hatten, ist die Ablagerung von Schlamm in den Gewässerbetten und auf Ufersteinen in zahlreichen Flüssen und Bächen weiterhin zu hoch für die besonders empfindlichen Moos- und Flechtenarten.

Hymenelia lacustris Kvanfjeldet Narsarsuaq Grönland 2005 WvBrackel

Die Wasser-Hautflechte Hymenelia lacustris, (Foto: Wolfgang von Brackel).

Auch extreme Hochwasserereignisse und Hangrutschungen mit den damit einhergehenden Schäden an Bächen und Flüssen sind nicht nur für Menschen Katastrophen. Die durch Versauerung und Eutrophierung bereits vorgeschädigten Rest-Bestände seltener Moose und Flechten können durch die Ausräumung zuvor über Jahrzehnte hinweg relativ stabiler Gewässerbetten und die Verschüttung durch Schlamm und Geröll weiter beeinträchtigt werden.

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Das Filzige Haarkelchmoos Trichocolea tomentella (Foto: C. Berg).

Die Häufung von Wetterextremen (vor allem ausgedehntere Dürrephasen) haben dazu geführt, dass Fichten-Monokulturen vielerorts, besonders in der Mitte Deutschlands, zugrunde gehen. Dies begünstigt einerseits die Chance auf lichtreichere Mischwaldbestände, was langfristig auch den Gewässer bewohnenden Moosen und Flechten nützen kann, führt andererseits aber kurzfristig dazu, dass nach dem Zusammenbruch Boden und Nährstoffe in die Waldbäche eingeschwemmt werden. Statt der konkurrenzschwachen Wasserflechten und -moose werden so schnellwüchsige Algenmatten gefördert.


 

Die Wasser-Hautflechte (Hymenelia lacustris) ist die Flechte des Jahres 2025.

Die Wasser-Hautflechte lebt an häufig oder langzeitig überfluteten Silikatfelsen, besonders aber in der unteren Spritzwasserzone klarer Bäche mit stabil gelagerten Blöcken, fest in der Bachsohle verankerten Steinen oder anstehendem Gestein. Heute ist sie vorwiegend im Gebirge anzutreffen, kam früher aber auch häufiger in blockreichen Tieflandbächen vor. In Mitteleuropa können sich große Bestände gelegentlich auch an sickerfeuchten mäßig beschatteten Felsen bilden. Das glatte, aber oft durch tiefe Risse gegliederte Lager ist cremefarben bis orange, im Schatten auch sehr hell. Die schüsselförmigen Fruchtkörper sind in das Lager eingesenkt.

Aussehen

Das Lager der Wasser-Hautflechte besteht aus einer glatten, bis zu 0,5 mm dicken Kruste, die fest mit dem Gestein verwachsen ist. In trockenem Zustand kann es, vor allem um die Fruchtkörper, von tiefen Rissen durchzogen sein. Die Farbe variiert von hell cremeweiß über ocker und orange bis zu rostrot bei voller Besonnung. Gelegentlich zeigt sich ein braunrotes Vorlager. Die konkaven Fruchtkörper sind bleibend in das Lager eingesenkt und variieren ebenfalls stark in der Farbe, von weißlich über rosa und orange bis braunrot; in feuchtem Zustand erscheinen sie transparent rosa. Gelegentlich ist ein undeutlicher, lagerfarbener Rand ausgebildet. Im mikroskopischen Präparat zeigen sich breit-ellipsoide, farblose Ascosporen in 8-sporigen Schläuchen (Asci). Den photosynthetisch aktiven Partner stellen Algen der Gattung Asterochloris aus der Familie der Trebouxiaceae. Die Tüpfeltests mit den üblichen Chemikalien fallen alle negativ aus.

Verwechslungen können auftreten mit weiteren Vertretern der Gattung Hymenelia (einschließlich der Arten, die früher in die Gattung Ionaspis gestellt wurden). An zeitweise untergetauchten, überrieselten und sickerfeuchten Silikatfelsen treten außer Hymenelia lacustris aber nur noch die extrem seltenen und auf sehr hohe Lagen begrenzten Arten H. odora und H. suaveolens auf, deren Fruchtkörper aber kleiner bleiben und bei H. suaveolens schwarz statt orange bis weißlich sind. Ähnliche Lager mit eingesenkten konkaven Fruchtkörpern haben ferner Arten der Gattung Aspicilia im weiten Sinne. Insbesondere A. aquatica und A. laevata können sich den Lebensraum mit H. lacustris teilen, haben aber beide viel dunklere, braun-schwarze Fruchtkörper sowie erheblich dickere und anders gefärbte Lager.

Ökologie

Hymenelia lacustris ist bei uns vor allem eine Art klarer Bäche im mittleren bis oberen Bergland (montane bis hochmontane Stufe), gelegentlich steigt sie aber auch bis ins Flachland hinab; an blockreichen Tieflandbächen ist sie auch heute noch etwa auf den Britischen Inseln regelmäßig bis zur Meereshöhe hinab anzutreffen. Sie wächst an häufig oder langzeitig überfluteten Felsen aus hartem, glatten Silikatgestein, vor allem auf Granit aber auch auf stabil gelagertem Schiefer, dann aber immer auf den nur langsam erodierenden glatten Flächen entlang der Spaltbarkeit. Gelegentlich ist die Art auch an längere Zeit sickerfeuchten Felsen außerhalb von Bächen zu finden, wobei derartige Standorte weder zu schattig noch zu stark besonnt sein dürfen. Durch Sonneneinstrahlung zu warme Standorte werden von Gallertflechten oder freilebenden Cyanobakterien besiedelt, zu schattige Felsen nur noch von Moosen und frei lebenden Algen. An und in leicht sauren bis neutralen Bächen und Flüssen werden leicht bis mäßig schattige bis voll besonnte Standorte besiedelt.

Verbreitung und Gefährdung

Unsere Flechte des Jahres 2025 hat eine weltweite Verbreitung und kommt auf allen Kontinenten außer der Antarktis vor, auch aus Afrika fehlen wohl noch Nachweise.1) Selbst in den Tropen fehlt sie nicht, bleibt hier aber auf die höheren Gebirge beschränkt. In Europa reicht ihr Areal von den griechischen Inseln und Südspanien bis nach Spitzbergen, vom Westen Irlands bis zum Ural.

Die möglichen Gefährdungen für eine Wasserflechte liegen auf der Hand: Gewässerverbau, Eutrophierung oder Versauerung, Eintrag von Schadstoffen aus der Landwirtschaft, Industrie, Bergbau und Ähnliches. Durch den Ausbau von Gewässern (Begradigungen, Uferbefestigungen, Staudämme) verändern sich die Fließgeschwindigkeit und die Struktur des Bachbetts, wodurch gegebenenfalls geeignete Habitate der Art verloren gehen. Eutrophierung bedingt in der Regel ein verstärktes Algenwachstum, was entweder zur direkten Konkurrenz mit den (meist) schnellwachsenden Algen führt oder zu einer Ausdunklung durch die Gewässertrübung. Versauerung, sei es durch die sauren Niederschläge in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts, sei es durch Einleitungen aus der Industrie, können den pH-Wert in für die Flechte nicht mehr tolerable Werte bringen.

In der neuen Roten Liste der Flechten Deutschlands (Printzen et al. in Vorb.) wird die Art als „stark gefährdet“ (2) geführt, nachdem sie in der letzten Roten Liste noch als „gefährdet“ (3) eingestuft worden war. Sie gilt deutschlandweit als sehr selten und ist bundesweit langfristig, jedoch in einigen Bundesländern in der Mitte Deutschlands auch kurzfristig noch weiter im Rückgang begriffen; in Süddeutschland haben sich die Bestände nach einem deutlichen Rückgang inzwischen mehr oder weniger stabilisiert. In der Roten Liste Österreichs wird sie als „gefährdet“ (3) geführt, für die Schweiz existiert keine diesbezügliche Liste.

Biologie

Hymenelia lacustris verbreitet sich generativ (sexuell) durch Sporen, die in den Schläuchen (Asci) der Fruchtkörper (Apothecien) gebildet werden. Wie alle Flechten lebt die Art mit einem photosynthetisch aktiven Symbiosepartner zusammen, in diesem Fall mit einer Grünalge aus der Familie der Trebouxiaceae (Asterochloris).

Parasiten

Gemessen an der relativen Seltenheit der Art wird sie von einer ganzen Reihe von lichenicolen Pilzen befallen, wie Endococcus propinquus, E. rugulosus, E. verrucisporus, Lecidea hymeneliicola, Muellerella lichenicola, Opegrapha reactiva, Polycoccum microsticticum, Sagediopsis lomnitzensis, Stigmidium hygrophilum, Verrucaria conturmatula und Zwackhiomyces lacustris (siehe u.a. Orange 2002). Dazu treten noch drei bisher unbeschriebene Arten aus den Gattungen Cercidospora, Lichenostigma und Polycoccum sowie die parasitische Flechte Verrucaria aspiciliicola. Ein Teil dieser Parasiten bzw. Kommensalen verändert bei geringem Befall das äußere Aussehen der Wirtsflechte nur durch das Auftreten der Fruchtkörper, bei anderen kann es dagegen zu einem markanten Ausbleichen der Wirtslager kommen.

Links im Web

1) https://www.gbif.org/species/2607838

https://italic.units.it/index.php?procedure=taxonpage&num=1120

https://fungi.myspecies.info/all-fungi/ionaspis-lacustris

https://www.afl-lichenologie.fr/Photos_AFL/Photos_AFL_I/Ionaspis_lacustris.htm

https://www.lichensmaritimes.org/?task=fiche&lichen=396&lang=en

https://www.irishlichens.ie/pages-lichen/l-251.html

Literatur

Fletcher, A., Coppins, B.J. & Dobson, F.S. 2009. Ionaspis. ‒ In: Smith, C. W., Aptroot, A., Coppins, B. J., Fletcher, A., Gilbert, O. L., James, P. W. & Wolseley, P. A. 2009. The Lichens of Great Britain and Ireland. – British Lichen Society, London: 445‒446.

Orange, A. 2002. Lichenicolous fungi on Ionaspis lacustris. – Mycotaxon 81: 265–279.

Thüs, H. & Schultz, M. 2009. Süßwasserflora von Mitteleuropa, Fungi. 1. Teil: Lichens.

Türk, R. & Hafellner, J. 1999. Rote Liste gefährdeter Flechten (Lichenes) Österreichs., 2. Fassung. ‒ In: Niklfeld, H (Hrsg.). Rote Listen gefährdeter Pflanzen Österreichs: 187‒223.

Printzen, C. et al. (in Vorb.) Rote Liste der Flechten, flechtenbewohnenden und flechtenähnlichen Pilze Deutschlands.

Wirth, V., Hauck, M. & Schultz, M. 2013. Die Flechten Deutschlands. – E. Ulmer, Stuttgart.

Bilder von Hymenelia lacustris

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Hymenelia lacustris, Börfink, Rheinland-Pfalz, 2017. Messbalken = 1 mm (Foto: Norbert Stapper).

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Hymenelia lacustris, Herzogenhorn im Feldberggebiet, Südschwarzwald (Foto: Volkmar Wirth).

Hymenelia lacustris, Südschwarzwald, Höllental und Feldberg-Gebiet (Fotos: Volkmar Wirth)

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Hymenelia lacustris, Herbarbeleg, Nebeneinander der orangen und der fast weißen Form (Foto: Holger Thüs).

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Hymenelia lacustris, Suuluaqqap, Narsarsuaq, Grönland, 2005 (Foto: Wolfgang von Brackel).

 

Das Filzige Haarkelchmoos (Trichocolea tomentella) ist das Moos des Jahres 2025

Das Filzige Haarkelchmoos bildet grüne bis gelbgrüne lockere Decken von samtigem oder schwammigem Aussehen an sehr feuchten Standorten in Wäldern. Durch die feine Fiederung und das samtige Aussehen ist das wohl schönste heimische Lebermoos an diesem Standort kaum zu verwechseln.

Aussehen

Das Lebermoos bildet bis zu mehrere Quadratdezimeter große, grüne bis gelbgrüne, lockere Decken auf dem Waldboden, oft vermischt mit anderen Moosen. Die einzelnen Pflanzen sind regelmäßig 2‒3-fach gefiedert, wobei die Äste fast rechtwinklig vom Stämmchen abstehen. Das samtige Aussehen resultiert aus den fein zerschlitzten Blättchen, die zusammen mit den lang gewimperten Paraphyllien Stämmchen und Äste mit einem regelmäßigen dichten Filz umgeben. Die kriechenden, 5‒10(‒15) cm langen Stämmchen fächern sich an den Enden mit ihren Ästchen wedelartig auf und erreichen dort eine Breite von bis zu 2 cm. Die am Stämmchen locker, an den Ästchen dicht unterschlächtig gestellten Blättchen sind in 4‒5 schmale, am Grunde nur wenige Zellen breite Blattlappen geteilt, die wiederum in 1‒2-fach verzweigte, dann einzellreihige Wimpern zerteilt sind. Die zweihäusige Art findet sich nur selten mit Sporogonen, denen ein Perianth fehlt.

Verwechslungen sind allenfalls mit einer der beiden Arten der Federchenmoose (Ptilidium) möglich, die aber aus insgesamt kleineren, nicht so regelmäßig 1‒2-fach geteilten Pflanzen bestehen; diese sind meist auch nicht rein grün, sondern gebräunt bis kupferfarben überlaufen. Sie kommen zudem an trockeneren Standorten vor, P. ciliare am Boden oder auf Rohhumus in Zwergstrauchheiden und Kiefernwäldern, P. pulcherrimum auf Totholz und an Stammbasen überwiegend von Nadelbäumen. Den habituell etwas ähnlichen Tamarisken-Thujamoos (Thuidium tamariscinum) fehlt das samtige Aussehen, da es keine fein zerschlitzten Blättchen aufweist.

Ökologie

Trichocolea tomentella liebt es feucht und schattig. Außer in den besonders luftfeuchten Lagen der höheren Gebirge, wo die Art auf Waldboden und Totholz vorkommt, ist sie an Wälder mit sumpfigem Boden, Quellhänge oder Bachläufe gebunden. Sie wächst dabei sowohl auf dem Waldboden wie auch auf bodennahem Totholz oder übererdeten Felsen. Bevorzugt werden basenreiche aber kalkarme, schwach saure Standorte. Vergesellschafte ist das Filzige Haarkelchmoos mit anderen feuchtliebenden Arten wie Plagiomnium undulatum, Pellia endiviifolia, Plagiochila asplenioides, Rhizomnium punctatum aber auch Thuidium tamariscinum und großen Eurhynchium-Arten.

In entwässerten Wäldern findet sich die Art, wenn überhaupt, nur noch an den Rändern der Bach- bzw. Grabenufer.

Verbreitung und Gefährdung

Das Filzige Haarkelchmoos zeigt eine fast weltweite Verbreitung, wobei die Schwerpunkte in Nordamerika, Europa und Südostasien liegen, während Südamerika, Afrika und Australien mehr oder weniger gemieden werden.2) In Europa zeigt die Art eine subozeanische Verbreitung und meidet sowohl den hohen Norden wie den extremen Süden fast völlig. Sie kommt in einem mehr oder weniger geschlossenen Areal von Nordspanien und Mittelitalien sowie Korsika bis nach Schottland und ins südliche Skandinavien vor, jeweils mit disjunkten Vorposten. In der West-Ost-Richtung erstreckt sich die europäische Verbreitung von Irland und Portugal bis zum Kaukasus und nach Karelien. In Mitteleuropa liegen die Schwerpunkte des Vorkommens in den Mittelgebirgen und in den Alpen, wenn sie auch in der Ebene nicht völlig fehlt. Eine Verbreitungskarte für Deutschland findet sich bei Meinunger & Schröder (2007), in der sich die Bindung der aktuellen Funde an die Gebirge zeigt.

Für den Rückgang der Art sind in erster Linie die Entwässerung der Wälder sowie der Umbau in Nadelholzmonokulturen und die damit verbundene Versauerung zu nennen. Die weitere Versauerung großer Teile der Böden Mitteleuropas durch die sauren Niederschläge in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts hat ein Übriges getan. Die öfters zu beobachtenden kleinen Restbestände der Art an Waldbächen und -gräben sind selten überlebensfähig und verschwinden einer nach dem anderen.

In der deutschen Roten Liste der Moose (Caspari et al. 2018) ist die Art als „gefährdet“ (3) eingestuft, während sie in der Roten Liste der Lebermoose Österreichs (Saukel & Köckinger 1999) nicht erscheint. Die Rote Liste der Moose der Schweiz stuft die Art als „potenziell gefährdet“ (NT) ein.

Biologie

Trichocolea tomentella ist zweihäusig, d.h. es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Da erstere in Mitteleuropa sehr selten sind, kommt es auch kaum zur Sporogonbildung. Nach Schoepe (2005) wurden nach 1900 in Baden-Württemberg keine Sporogone mehr beobachtet. So kann nur noch eine (ineffektive) Nahverbreitung über Sprossbruchstücke erfolgen. Eine Neubesiedlung von Lebensräumen ist damit sehr schwierig geworden.

Links im Web

https://www.gbif.org/species/2689242

https://de.wikipedia.org/wiki/Filziges_Haarkelchmoos

https://www.swissbryophytes.ch/index.php/de/beschreibung?taxon_id=nism-481

https://www.britishbryologicalsociety.org.uk/learning/species-finder/trichocolea-tomentella/

Literatur

Caspari, S., Dürhammer, O., Sauer, M. & Schmidt, C. 2018. Rote Liste und Gesamt­artenliste der Moose (Anthocerotophyta, Marchantiophyta und Bryophyta) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70(6): 361–489.

Düll, R. & Düll-Wunder, B. 2008. Moose einfach und sicher bestimmen. ‒ Quelle & Meyer, Wiebelsheim, 471 S.

Meinunger, L. & Schröder, W. 2007. Verbreitungsatlas der Moose Deutschlands. − 3 Bde., Regensburg.

Müller, K. 1951-1958. Die Lebermoose Europas, 3. Aufl. — In: L. Rabenhorst, Kryptogamen-Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz. Akademische Verlagsgesellschaft Geest & Portig, Leipzig. 6: 1365 S.

Saukel, J. & Köckinger, H. 1999. Rote Liste gefährdeter Lebermoose (Hepaticae) und Hornmoose (Anthocerotae) Österreichs. ‒ In: Niklfeld, H (Hrsg.). Rote Listen gefährdeter Pflanzen Österreichs: 172‒177.

Schoepe, G. 2005. Trichocoleaceae. – In: Nebel, M. & Philippi, G. (Hrsg.) Die Moose Baden-Württembergs, Bd. 3: 381‒383.

Bilder von Trichocolea tomentella

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Trichocolea tomentella, Gamlitz, Steiermark, 2024 (Foto: Christian Berg).

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Trichocolea tomentella, Kehrer Wald, Steiermark, 2018 (Foto: Christian Berg).

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Trichocolea tomentella, als Herbarbeleg im trockenen Zustand, Messbalken = 1 mm (Foto: Norbert Stapper).

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Trichocolea tomentella, Herbarbeleg: mikroskopische Aufnahmen einzelne Blattfäden (Foto: Norbert Stapper).

Trichocolea tomentella, Taubenberg, Oberbayern, 2005 (Foto: Wolfgang von Brackel).

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Trichocolea tomentella, Taubenberg, Oberbayern, 2005 (Foto: Wolfgang von Brackel).

Trichocolea tomentella, Neumarkt, Oberpfalz, 2013 (Foto: Wolfgang von Brackel).

Trichocolea tomentella Taubenberg Oberbayern 2005 WvBrackel

Trichocolea tomentella, Neumarkt, Oberpfalz, 2013 (Foto: Wolfgang von Brackel).