Texte von Wolfgang von Brackel, Christian Berg & Norbert Stapper

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Stand: Dezember 2025

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Übersehene Arten

Die Pazifische Leuchterflechte (Candelaria pacifica) und das Mecklenburgische Schnabeldeckelmoos (Rhynchostegium megapolitanum) sind Flechte und Moos des Jahres 2026.

Wolfgang von Brackel, Christian Berg & Norbert Stapper

Die Pazifische Leuchterflechte (Candelaria pacifica) und das Mecklenburgische Schnabeldeckelmoos (Rhynchostegium megapolitanum) sind Flechte und Moos des Jahres 2026. Die Wahl fiel dieses Jahr auf zwei Arten, die aufgrund ihrer großen Ähnlichkeit zu anderen, häufigen Arten bisher ganz sicher oft übersehen wurden, und von denen man annimmt, dass sie sich derzeit in Deutschland ausbreiten. Die Wahl dieser Arten verbinden wir daher mit der Bitte, nach ihnen zu suchen und die Funde zu melden, damit die Kenntnis über die regionale Variabilität ihrer Häufigkeit besser wird.

Die Pazifische Leuchterflechte Candelaria pacifica (Foto: Norbert Stapper).

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Das Mecklenburgische Schnabeldeckelmoos Rhynchostegium megapolitanum (Foto: M. Lüth).


 

Die Pazifische Leuchterflechte (Candelaria pacifica) ist die Flechte des Jahres 2026.

Die Leuchterflechten (Gattung Candelaria) sind trotz der geringen Größe der einzelnen Individuen auffällige Bewohner der Rinde freistehender Laubbäume, da sie in der Regel in größeren Beständen auftreten und durch ihre leuchtend gelbe Farbe auffallen. Lange galt die Gewöhnliche Leuchterflechte (Candelaria concolor; Abb. 1–3) als der einzige Vertreter der Gattung in Europa, bis Westberg & Nash (2002, provisorisch) bzw. Westberg & Arup (2011, gültig) die Pazifische Leuchterflechte (Candelaria pacifica) aus Nordamerika beschrieben und auch für Europa nachwiesen.

Aussehen und Verwechlungsmöglichkeiten

Die Pazifische Leuchterflechte bildet mehr oder weniger ausgedehnte Bestände aus kleinen gelben Lagern, die teils locker dem Substrat aufliegen (Abb. 4), vorwiegend aber deutlich, fast aufrecht von ihm abstehen (Abb. 5). Sie sind in kleine Schuppen aufgelöst bzw. in Läppchen zerschlitzt, an deren Rändern und teils auch auf der Fläche meist reichlich Blastidien gebildet werden, die der Verbreitung dienen.

Die Unterseite ist unberindet (Abb. 6, 7), daher wird das spinnwebige Mark sichtbar, aus dem wenige zarte rhizinenartige Bündel entspringen. Da die Algen nicht durch eine Rinde verdeckt werden, erscheint die Unterseite zumindest feucht grünlich bis dunkelgrün, während sie in trockenem Zustand eher weißlich ist. Die Ascomata enthalten 8-sporige Asci, treten aber in Europa nur extrem selten auf.

Candelaria pacifica kann mit verschiedenen anderen gelben Rindenflechten verwechselt werden. Leicht lässt sich die Gelbe Wandflechte (Xanthoria parietina) wegen der großen, breitlappigen Lager abtrennen. Weniger einfach ist das bei der ähnlichen (siehe Name!) Leuchter-Gelbflechte (Polycauliona candelaria), die sich, wie alle Wand- und Gelbflechten-Arten, aufgrund spezifischer Inhaltsstoffe bei Betupfen mit Kalilauge (KOH) sofort tiefrot färbt. Bei den Leuchterflechten jedoch bestehen die auf der Oberrinde abgelagerten gelben Kristalle u.a. aus Pulvinsäure-Derivaten, die ihre Farbe bei Zugabe von KOH nicht verändern.  Zur Unterscheidung von den ebenfalls nicht mit KOH reagierenden Dotterflechten (Candelariella) lässt sich dieses Merkmal nicht verwenden. Die rindenbewohnenden Arten dieser insgesamt recht schwierigen Gruppe bilden jedoch, wenn überhaupt, nur sehr kleine, deutlich dem Substrat anliegende Schüppchen aus. Je nach Art können diese Schüppchen mehr oder weniger deutlich ausgebildet sein oder auch gänzlich fehlen. Candelariella reflexa (Abb. 10) bildet kleine, manchmal rosettenartige Schüppchen (Areolen), in deren Zentrum Soredien gebildet werden.  Die Ähnlichkeit mit Candelaria dürfte der Grund dafür sein, dass vereinzelt Exemplare von C. pacifica als "Candelariella reflexa" in Herbarien abgelegt wurden (Dolnik 2013).

Am ehesten zu verwechseln ist die Art mit Candelaria concolor und viele ältere unter diesem Namen abgelegte Herbarbelege gehören wohl zu C. pacifica. Da C. pacifica bei uns nur steril auftritt, kann die Anzahl der Sporen pro Ascus als Merkmal nicht herangezogen werden (bei C. concolor sind sie vielsporig). Als bereits im Gelände brauchbares Merkmal erweist sich die spinnwebige, feucht grüne, unberindete Unterseite mit sehr zarten, rhizinenartigen Strukturen. Bei C. concolor ist die berindete Unterseite glänzend weiß und aus ihr entspringen kräftige Rhizinen. Habituell sind die Lager von Candelaria concolor deutlich kräftiger, die Läppchen sind ziemlich regelmäßig mehrfach zerteilt und eher dem Substrat anliegend, während sie bei C. pacifica kleiner, kaum oder unregelmäßig zerteilt, eher aufrecht und oft sehr reichlich mit Blastidien besetzt sind. Im Zweifelsfall bringt die mikroskopische Betrachtung eines Schnitts Klarheit über das Vorhandensein oder Fehlen einer Unterrinde (Abb.8 und Abb.9). Eine Zusammenstellung der unterscheidenden Merkmale gibt Stapper (2012).

Die verwandtschaftlichen Beziehungen innerhalb der Candelariales sind trotz molekularer Untersuchungen einiger Arten (z. B. Westberg & Arup 2011, Kondratyuk et al. 2020, Ramos et al. 2025) nicht abschließend geklärt, so dass sich hier in Zukunft sicher noch nomenklatorische Änderungen ergeben werden. Die Untersuchungen legen aber nahe, dass C. pacifica nicht nahe mit C. concolor verwandt ist sondern eher in die Verwandtschaft einer Gruppe um Candelariella medians und C. aurella zu stellen ist.

Ökologie

Candelaria pacifica tritt zusammen mit C. concolor auf der subneutralen bis mäßig sauren, meist staubimprägnierten, eutrophierten Rinde von freistehenden Laubbäumen und -sträuchern auf, selten auch an Nadelbäumen und Holz oder ganz selten auf Gestein.

Die Art dringt weit bis in die Städte vor. Im Nordwestdeutschen Tiefland tritt sie besonders an alten Linden (aber auch an anderen Laubbäumen wie Eiche, Rosskastanie oder Ahorn) im Siedlungsbereich auf (Dolnik 2013, M. Schultz mdl.), während Cezanne & Eichler (2015) sie im Süden Deutschlands vor allem von Ahorn und Eiche, aber auch an Pappel, Walnuss, Kirsche, Weide, Linde, Esche, Apfelbaum, Hainbuche, Ulme, Holunder, Robinie, Erle, Götter- und Maulbeerbaum sowie an Pfaffenhütchen fanden.

Die ökologischen Ansprüche von Candelaria pacifica scheinen denen von C. concolor ziemlich ähnlich zu sein. Auch wenn beide Arten in Europa bis weit nach Osten hin vorkommen, bevorzugen sie doch Bereiche mit ozeanischem Klima.

Verbreitung und Gefährdung

Unsere Flechte des Jahres 2026 wurde erst vor wenigen Jahren von C. concolor abgetrennt, weshalb über ihre Verbreitung nur ungenügende Kenntnisse vorliegen. Beschrieben wurde sie von der Westküste Nordamerikas; Westberg & Arup (2011) berichten darüber hinaus von Vorkommen aus Südamerika, Skandinavien, den Niederlanden und der Türkei. In der Folge wurde sie aus zahlreichen anderen europäischen Ländern gemeldet. In Nordeuropa scheint sie häufiger zu sein als ihre Schwesterart. Für den deutschsprachigen Raum berichtete Bomble (2012) erstmals über Vorkommen von C. pacifica im Raum Aachen, was andere dazu motivierte, in ihren Herbarien nach unter anderem Namen abgelegten C. pacifica-Belegen zu suchen. Für Düsseldorf fand sich ein Beleg von 2009 (Stapper 2012), aber für Gainberg in Oberösterreich, sogar von 1989 (Neuwirth 2014). Westberg & Clerc (2012) melden C. pacifica aus der Schweiz, Dolnik (2013) aus Schleswig-Holstein, Cezanne & Eichler (2015) aus Hessen, Wirth (2016) aus Baden-Württemberg, Hessen und dem westlichen Teil Bayerns (Unterfranken und Schwaben), Schiefelbein et al. (2018) aus Mecklenburg-Vorpommern, Meinunger (2019) aus Thüringen, Nordostbayern und der hessischen Rhön.

Candelaria pacifica wurde zuerst im Westen von Deutschland und danach zunehmend häufig auch in den anderen Landesteilen beobachtet, was zu der Annahme führte, die Art breite sich von Westen nach Osten aus. Allerdings wurden bei einer gründlichen Nachbestimmung des gesamten norddeutschen Materials von Candelaria concolor im Herbarium der Universität Hamburg auch Belege von C. pacifica vom Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt (Paul 2021, unpubl. Projektstudie im Herbarium Hamburgense). Anlässlich einer landesweiten Epiphytenkartierung von Nordrhein-Westfalen (Franzen et al. 2002) wurde Candelaria concolor (damals noch einschließlich C. pacifica) zwischen 2000 und 2002 nur an drei von 1815 Stationsbäumen in diesem Bundesland registriert, sie war also zu dieser Zeit noch eine seltene Art. Dann setzte eine ungeheuer rasche Ausbreitung von C. concolor ein. Im Rahmen eines Langzeitmonitorings in Düsseldorf mit jährlichen Wiederholungen wurde sie 2003 bereits an 12 % und dann kontinuierlich häufiger, inzwischen an 80 bis 90 % aller Stationsbäume registriert (Stapper 2025). C. pacifica wurde erst 2012 getrennt erfasst, auch sie wurde seitdem von Jahr zu Jahr häufiger und inzwischen an rund 20 % der Stationsbäume nachgewiesen. Die Trennung der beiden Arten wird dadurch erschwert, dass sie an den Bäumen manchmal Mischrasen bilden.

Da Candelaria pacifica offenbar in Ausbreitung begriffen ist, erscheint sie auf den Roten Listen nicht als gefährdet, sofern sie überhaupt schon aufgeführt wird. In der kommenden Roten Liste der Flechten Deutschlands (Printzen et al. in Vorb.) wird der Art eine Zunahme in den letzten Jahrzehnten attestiert. Nachdem der Wert von freistehenden Laubbäumen sowohl in der offenen Landschaft wie auch in der Stadt endlich breit anerkannt wird und die Luftbelastung mit Schwefelverbindungen weitgehend der Vergangenheit angehört, liegen für die an eutrophierter Rinde wachsende Art keine erkennbaren Gefährdungsursachen vor.

Biologie

Candelariella pacifica verbreitet sich sowohl generativ (sexuell) durch Sporen, die in den Schläuchen (Asci) der Fruchtkörper (Apothecien) gebildet werden, wie auch vegetativ durch Blastidien, kleinen Thallusabschnürungen, die an den Spitzen, später auch an den Rändern und auf der Fläche der Thalli entstehen. In Europa wurde die Bildung von Apothecien bisher nur einmal in der Türkei beobachtet, während sie in Nordamerika gelegentlich vorkommt.

Wie alle Flechten lebt die Art mit einem photosynthetisch aktiven Symbiosepartner zusammen, in diesem Fall mit chlorococcoiden Grünalgen.

Parasiten

Wohl auch weil die Art erst vor kurzem beschrieben wurde, sind auf ihr noch keine für sie spezifischen Parasiten bekannt geworden. Zu erwarten sind aber solche, die auf verschiedenen anderen Arten der Familie vorkommen, wie Athelia arachnoidea (Berk.) Jülich, Acarospora subfuscescens (Nyl.) H. Magn., Ascochyta candelariellicola, Ciliomyces oropensis, Epithamnolia xanthoriae, Erythricium aurantiacum, Illosporiopsis christiansenii, Intralichen lichenicola, Sarcopyrenia gibba var. geisleri, Tremella candelariellae oder Trimmatostroma vandenboomii.

Abbildung 11 zeigt einen Rasen, der von einem Pilz, wahrscheinlich Athelia arachnoidea, angegriffen wird. Da der Pilz von den Algen lebt, wird die Flechte bleich, bevor sie gänzlich abstirbt.

Links im Web

https://en.wikipedia.org/wiki/Candelaria_pacifica (Wikipedia-Artikel englisch)

https://italic.units.it/index.php?procedure=taxonpage&num=499 (Beschreibung, Bilder)

https://www.gbif.org/occurrence/gallery?taxon_key=5260442 (Bildersammlung, noch keine Verbreitungskarte).

https://britishlichensociety.org.uk/resources/species-accounts/candelaria-pacifica (Beschreibung, Bilder)

https://fungi.myspecies.info/all-fungi/candelaria-pacifica (Beschreibung, Bilder)

https://www.afl-lichenologie.fr/Photos_AFL/Photos_AFL_C/Textes_C3/Candelaria_pacifica.htm (Beschreibung, Bilder)

https://www.waysofenlichenment.net/lichens/Candelaria%20pacifica (Bilder)

Literatur

Bomble, W. 2012. Candelaria pacifica und Xanthomendoza borealis im Aachener Raum – neu für Deutschland. – Veröffentlichungen des Bochumer Botanischen Vereins 4(1): 1–8. URL: https://www.botanik-bochum.de/publ/OVBBV4_1_Bomble_Candelaria_pacifica_Xanthomendoza_borealis.pdf

Cezanne, R. & Eichler, M. 2015. Verbreitungsatlas der Flechten von Darmstadt. – Botanik und Naturschutz in Hessen, Beiheft 12: 1–239. URL: https://www.zobodat.at/pdf/Botanik-Naturschutz-Hessen_BH_12_0001-0239.pdf

Dolnik, C. 2013. Candelaria pacifica und andere bemerkenswerte Flechten aus Schleswig-Holstein. – Kieler Notizen zur Pflanzenkunde 39: 11–18. URL: https://www.zobodat.at/pdf/Kieler-Notizen-zur-Pflanzenkunde_39_0011-0018.pdf

Franzen, I., Stapper, N.J. & Frahm, J.-P. 2002: Ermittlung der lufthygienischen Situation Nordrhein-Westfalens mit epiphytischen Flechten und Moosen als Bioindikatoren. Gutachten im Auftrag des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen – MUNLV. 41 S.

Kondratyuk,S.Y., Lőkös, L., Jeong, M.-H., Oh, S.-O., Kondratiuk, A.S. & Hur, J.-S. 2020. Contributions to molecular phylogeny of lichen-forming fungi, 1. The family Candelariaceae. – Acta Botanica Hungarica 62(3–4): 293–307.

Meinunger, L. 2019. Florenatlas der Flechten des Thüringer Waldes, der Rhön und angrenzender Gebiete. – Haussknechtia Beiheft 20: 1–1403.

Neuwirth, G. 2014. Revision of the genus Candelaria (Ascomycota, Candelariales) in Upper Austria. – Stapfia 110: 39–46. URL: https://www.zobodat.at/pdf/STAPFIA_0101_0039-0046.pdf

Printzen, C. et al. (in Vorb.) Rote Liste der Flechten, flechtenbewohnenden und flechtenähnlichen Pilze Deutschlands.

Ramos, D., Hollinger, J. & Bungartz, F. 2025. Two new species of Placomaronea (Candelariaceae: lichenized Ascomycota) in Peru, with a revision of secondary chemistry and cortical anatomy of Placomaronea, Candelina and Candelariella. – Lichenologist 57: 61–81.

Schiefelbein, U., Brackel, W. v., Cezanne, R., Eichler, M., Krzewicka, B., Neumann, P., Schultz, M. & Dolnik, C. 2028. Additional interesting records of lichenized and lichenicolous fungi from Northern Germany. – Herzogia 31: 114–132. URL: https://www.researchgate.net/publication/326801090_Additional_Interesting_Records_of_Lichenized_and_Lichenicolous_Fungi_from_Northern_Germany

Stapper, N. 2012. Illustrierte Bestimmungshilfe zur Unterscheidung von Candelaria concolor und Candelaria pacifica. – Archive for Lichenology 7: 1–12. URL: https://fschumm.de/Archive/Vol07_Stapper_Candelaria_pacifica_concolor_03Mai2012.pdf

Stapper, N.J. 2025: Flechten. - In: Schmitz, U., Stapper, N., Stevens, M., Wirooks, L., Diestelhorst, O. & Busch, J. (2025): Klimafolgenmonitoring Landeshauptstadt Düsseldorf 2024 – Untersuchungen der Auswirkungen des Klimawandels auf ausgewählte Gruppen der Tier- und Pflanzenwelt. – Gutachten der Biologischen Station Haus Bürgel im Auftrag des Umweltamtes der Landeshauptstadt Düsseldorf in Kooperation mit der Unteren Naturschutzbehörde, Garten-, Friedhofs- und Forstamt. 272 S.

Westberg, M. & Arup, U. 2011. Candelaria pacifica sp. nova (Ascomycota, Candelariales) and the identity of Candelaria vulgaris. – Bibliotheca Lichenologica 106: 353–364.

Westberg, M. & Clerc, P. 2012. Five species of Candelaria and Candelariella (Ascomycota, Candelariales) new to Switzerland. – MycoKeys 3: 1–12. URL: https://mycokeys.pensoft.net/article/1185/

Westberg, M. & Nash III, T. H. 2002. Candelaria. – In: Nash, T. H. III., Ryan, B. D., Gries, C. & Bungartz, F. (eds.) 2002. Lichen Flora of the Geater Sonoran Desert Region Vol. I. – Arizona State University, Tempe: 116–118.

Wirth, V. 2016. Bemerkenswerte Funde von Flechten in Süddeutschland und Umgebung. – Carolinea 74: 11–22. URL: https://regionalia.blb-karlsruhe.de/frontdoor/deliver/index/docId/19641/file/BLB_Wirth_Flechten_Sueddeutschland.pdf

Wirth, V., Hauck, M. & Schultz, M. 2013. Die Flechten Deutschlands. – E. Ulmer, Stuttgart.

Bilder von Candelaria pacifica und ähnlichen Arten

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Abb.1: Lange galt Candelaria concolor als einziger Vertreter der Gattung Candelaria (Foto: Norbert Stapper).

Abb.2: Candelaria concolor mit Apothecium (Foto: Norbert Stapper).

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Abb.3: Unterseite von Candelaria concolor (Foto: Norbert Stapper).

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Abb.4: Die gelben, lockeren Lager von Candelaria pacifica (Foto: Norbert Stapper).

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Abb.5:  Typische Lager von Candelaria pacifica, die vorwiegend deutlich, fast aufrecht vom Substrat abstehen (Foto: Norbert Stapper).

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 Abb.6: Die unberindete Unterseite von Candelaria pacifica, Düsseldorf (Foto: Norbert Stapper).

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 Abb.7: Die unberindete Unterseite von Candelaria pacifica, Düsseldorf (Foto: Norbert Stapper).

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Abb.8 und Abb.9: Die unberindete Unterseite von Candelaria pacifica, Düsseldorf (Foto: Norbert Stapper).

Abb.10: Candelariella reflexa bildet kleine, manchmal rosettenartige Schüppchen (Areolen), in deren Zentrum Soredien gebildet werden (Foto: Norbert Stapper).

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Abb.11: Rasen von Candelaria pacifica, der von einem Pilz, wahrscheinlich Athelia arachnoidea, angegriffen wird. Da der Pilz von den Algen lebt, wird die Flechte bleich, bevor sie gänzlich abstirbt (Foto: Norbert Stapper).

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Der Flechte des Jahres 2026 ähnlich: Candelaria concolor (Foto: Matthias Schultz).

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Candelaria pacifica im Habitus (Foto: Matthias Schultz).

Das Mecklenburgische Schnabeldeckelmoos (Rhynchostegium megapolitanum) ist das Moos des Jahres 2026

Das mäßig kräftige Mecklenburgische oder Wärmeliebende Schnabeldeckelmoos bildet lockere Filze mit niederliegenden bis aufsteigenden, unregelmäßig verzweigten Stämmchen an lichten, eher trockenen und basenreichen, grasigen Standorten. Besonders im vegetativen Zustand ist es leicht mit verschiedenen anderen Arten der Familie Brachytheciaceae zu verwechseln, insbesondere mit dem an ähnlichen Stellen sehr häufigen Rauhstieligen Kurzbüchsenmoos (Brachythecium rutabulum).

Aussehen und Erkennungsmerkmale

Unser Moos bildet sehr lockere, etwas glänzende, hell- bis gelbgrüne, gerne von Gräsern durchwachsene, mittelgroße Filze aus mäßig kräftigen Pflanzen, kommt aber auch als Einzelpflanze zwischen anderen pleurokarpen Moosen vor. Die niederliegenden bis aufsteigenden, bis zu 10 cm langen Stämmchen tragen unregelmäßig angeordnet ungleich lange, einfache oder seltener verzweigte, gelegentlich etwas verflacht beblätterte Äste. Die abstehenden bis spreizenden, locker gestellten Stammblätter sind eiförmig und in eine feine, nicht selten gedrehte Spitze ausgezogen. Der Blattrand ist fein gesägt, die einfache, gelegentlich auch gegabelte, sich nach oben verschmälernde Rippe reicht knapp über die Blattmitte; vereinzelt finden sich Rhizoiden am Blattgrund. Die Astblätter sind ähnlich, etwas kleiner und schmaler. Wenn die einhäusige Art (männliche und weibliche Gametangienstände finden sich an der gleichen Pflanze), was häufig geschieht, Sporophyten bildet, steht die ovale Kapsel geneigt bis horizontal auf der glatten Seta, sie besitzt einen schief und lang geschnäbelten Deckel. Die fein gekörnelten Sporen werden 12–16 µm groß.

Die Art lässt sich von dem ähnlichen Brachythecium rutabulum (und anderen Arten dieser Gattung) relativ leicht anhand der Sporophyten unterscheiden: die Seta ist glatt und der Kapseldeckel ist lang geschnäbelt. Ohne Sporophyten ist die Unterscheidung dagegen schwierig.  In gut ausgeprägten Beständen ist Brachythecium rutabulum etwas kräftiger und dichter beblättert, die Blattspitze ist nur selten um 180° gedreht und die Zellen in den Blattflügeln sind etwas vergrößert und nur undeutlich von den übrigen Laminazellen abgesetzt. Rhynchostegium megapolitanum ist dagegen etwas kleiner, lockerer verzweigt und beblättert, hat häufig eine um 180° gedrehte Blattspitze und die Blattflügelzellen sind gegenüber den übrigen Laminazellen nicht vergrößert, dickwandig und deutlicher abgesetzt. Diese Merkmale erfordern aber einige Erfahrung und sind am besten im direkten Vergleich zu sehen. Erschwert wird das Ganze dadurch, dass viele Brachythecium-Arten selbst sehr variabel sind, Kümmerformen bilden und dann die genannten Merkmale schlecht zeigen.

Gründe für das Übersehen der Art

Rhynchostegium megapolitanum entspricht in der Farbe, der Größe und im Habitus dem durchschnittlichen Bild verschiedener Brachythecium-Arten. Auch kommt es in einem breiten Spektrum von weit verbreiteten Standorten vor. Selbst wenn man nach unserer Art sucht, wird man in den meisten Fällen eher auf Brachythecium-Arten treffen, was dann die Intensität der gezielten Nachsuche schnell zum Erliegen bringen kann. So kann R. megapolitanum, gut getarnt zwischen Brachythecium-Arten, bisweilen ein unbemerktes Dasein führen. Allerdings unterscheidet es sich in den ökologischen Ansprüchen doch etwas von Brachythecium rutabulum, so dass an manchen Stellen (siehe nächster Abschnitt) die Chance doch erhöht ist, auf die Art zu treffen.

Ökologie

Rhynchostegium megapolitanum liebt es warm, hell, trocken, reich an Basen und mäßig reich an Nährstoffen sowie ohne viel Konkurrenz. Es findet sich daher gerne an mageren Böschungen, Wegrändern, an offenen Stellen in Hängen, in Weinbergen, Halbtrockenrasen, seltener an Mauern, auf Felsköpfen oder in Kiesgruben sowie in weiteren sonnigen, trockenen, mageren Standorten in Wiesen und Grasflächen aller Art. In ruderalen Trockenrasen kommt es bis in die Städte vor. In Norddeutschland und in den Niederlanden wächst es auf nährstoffreichen, sandigen Böden in lichten Wäldchen, Gebüschen oder an grasbewachsenen Hängen sowie auf kalkhaltigem Dünensand.

Schon Pistrick (1983) fand die Art bei seinen bryofloristischen Arten in der Dübener Heide deutlich häufiger als nach der Literatur erwartet. Zechmeister et al. (2007) zeigten, dass sich die Art im Burgenland ausgebreitet hat, und führen dies auf die Erhöhung der Temperaturen im Lauf der Klimaveränderung sowie auf erhöhte Stickstoffdepositionen zurück. Wir finden die Art also heute öfter als früher, haben aber die Überlagerung, dass wir erstens mehr auf sie achten, und dass sie zweitens wahrscheinlich wirklich häufiger wird. Dieses Beispiel zeigt schön, dass das Übersehen von Arten tatsächlich dazu führt, bestimmte Trends in der Bestandsentwicklung nicht zu erkennen.

Verbreitung und Gefährdung

Die Art ist von Nordafrika (einschließlich der Kanarischen Inseln) über das gesamte Mittelmeergebiet bis zu den Britischen Inseln und Südskandinavien sowie bis Zentral- und Südwestasien verbreitet. In Deutschland kommt sie in allen Bundesländern vor mit einer Häufung in klimatisch kontinental geprägten Trockengebieten in Sachsen-Anhalt und Brandenburg einerseits sowie dem Nordwestlichen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz andererseits, was sie als wärmeliebende Tieflandart ausweist (Meinunger 2011, Moose Deutschlands). In den Mittelgebirgen fehlt sie völlig. In Österreich sind die bekannten Vorkommen weitgehend auf den Osten des Landes beschränkt, mit Angaben aus dem Burgenland und den Hainburger Bergen in Niederösterreich sowie Einzelfunden aus Wien und der Steiermark (Zechmeister & Kropik 2023, Zechmeister et al. 2007, 2013, JAQC). In der Schweiz findet sie sich vorwiegend in Becken- oder Tallagen mit der großen Masse der Populationen in der kollinen und untermontanen Höhenstufe unter 600 m NN. (Swissbryophytes 2004–2025).

Wegen des unvollständigen Wissens über die Verbreitung sind Angaben zur Gefährdung ebenfalls schwierig. In der aktuellen Roten Liste für Deutschland (Caspari et al. 2018) wird sie als ungefährdet geführt (in einzelnen Länderlisten mit unterschiedlichen Kategorien), in der Roten Liste der Schweiz als potenziell gefährdet. In der Roten Liste der Laubmoose Österreichs (Grims & Köckinger 1999) ist sie als ausgestorben verzeichnet, was sicher nicht mehr dem aktuellen Stand entspricht; so kommt sie etwa mit steigender Tendenz im Burgenland vor (Zechmeister et al. 2007).

Als mögliche Gefährdungsursachen kommen alle Faktoren in Frage, die die mageren Gras-Lebensräume einschränken, wie Eutrophierung, Melioration, Umbruch, Überbauung und viele andere. Andererseits dürften sich der Art durch die Klimaerwärmung neue Lebensräume erschließen.

Biologie

Rhynchostegium megapolitanum ist einhäusig, d.h. die männlichen und weiblichen Organe finden sich auf einer Pflanze. Dadurch kommt es relativ häufig zur Ausbildung von Sporogonen. Darüber hinaus verbreitet sich die Art vegetativ durch Sprossbruchstücke.

Sonstiges

Der Gattungsname leitet sich aus dem griechischen rhynchos = Schnabel und stegion = Deckel her, auf den deutlich geschnäbelten Deckel der Kapsel bezogen. Der Artname bezieht sich auf den Fundort des Typus in Mecklenburg, das latinisiert zu Megalopolis (bzw. Ducatus megapolitanus = Herzogtum Mecklenburg) wurde. Die Annahme, dass "megapolitanum" in der Bedeutung "zu sehr großer Stadt gehörig" auf ein Vorkommen in Großstädten, etwa in Berlin hinweist, ist irrig. Vielmehr geht es auf die überlieferte Bezeichnung „Magnapolis“ (= Große Burg, slawisch „Wiligrad“) für die Hauptburg des Volksstammes der Obotriten zurück, die in der Nähe des heutigen Dorfes Mecklenburg lag. Im 19. Jahrhundert übernahmen dann die mecklenburgischen Botaniker wie J. C. Timm oder G. G. Detharding den Begriff für das ganze Land und nannten ihre Florenwerke „Flora Megapolitana“. Der berühmte Bryologe Johann Hedwig nannte im Jahre 1801 eine in Mecklenburg bei Malchin entdeckte neue Moosart Timmia megapolitana, das Mecklenburgische Grobzahnmoos (Henker 2005).

Links im Web

https://www.gbif.org/species/2680105 (Bilder)

https://swissbryophytes.ch/index.php/de/bilder?taxon_id=nism-2122 (Bilder)

https://www.britishbryologicalsociety.org.uk/learning/species-finder/rhynchostegium-megapolitanum/ (Beschreibung und Bilder)

Literatur

Caspari, S., Dürhammer, O., Sauer, M. & Schmidt, C. 2018. Rote Liste und Gesamtartenliste der Moose (Anthocerotophyta, Marchantiophyta und Bryophyta) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70(6): 361–489.

Grims, F. & Köckinger, H. 1999. Rote Liste gefährdeter Laubmoose (Musci) Österreichs, 2. Fassung. – Grüne Reihe Lebensministerium. – URL: https://www.zobodat.at/pdf/Gruene-Reihe-Lebensministerium_10_0157-0171.pdf

JACQ consortium 2004 ff. Virtual Herbaria Website – URL: https://gjo.jacq.org/GJO0047927

Kiebacher, T., Meier, M., Steffen, J., Bergamini, A., Schnyder, N. & Hofmann, H. 2023. Rote Liste der Moose. Gefährdete Arten der Schweiz. – Hrsg. Bundesamt für Umwelt BAFU und Swissbryophytes.

Meinunger, L. & Schröder, W. 2007. Verbreitungsatlas der Moose Deutschlands. − 3 Bde., Regensburg.

Moose Deutschlands. – URL: https://www.moose-deutschland.de/organismen/rhynchostegium-megapolitanum-blandow-ex-fweber-dmohr-schimp-1

Nebel, M., Sauer, M. & Schoppe, G. 2001. Brachytheciaceae. – In: Nebel, M. & Philippi, G. (Hrsg.). Die Moose Baden-Württembergs, Band II: 355–428.

Swissbryophytes 2004–2025. Online-Atlas der Schweizer Moose. URL: www.swissbryophytes.ch

Zechmeister, H. G. & Kropik, M. 2023. The Bryophyte Flora of Vienna. – plants 2023, 12, 3002. URL: https://www.mdpi.com/2223-7747/12/16/3002?utm_source=chatgpt.com

Zechmeister, H., Moser, D. & Milasowszky, N. 2007. Spatial distribution patterns of Rhynchostegium megapolitanum at the landscape scale – an expanding species? – Applied Vegetation Science 10: 111–120. – URL: https://www.researchgate.net/publication/230286322_Spatial_distribution_patterns_of_Rhynchostegium_megapolitanum_at_the_landscape_scale_-_An_expanding_species

Zechmeister, H., Hagel, H., Gendo, A., Osvaldik, V., Patek, M., Prinz, M., Schröck, C. & Köckinger, H. 2013. Rote Liste der Moose Niederösterreichs. _ Wissenschaftliche Mitteilungen des Niederösterreichischen Landesmuseums 24: 7–126. – URL: https://www.zobodat.at/pdf/WM_24_0007-0126.pdf

sowie weitere Rote Listen der Bundesländer.

Bilder von Rhynchostegium megapolitanum

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Rhynchostegium megpolitanum, Katalonien 2015 (Foto: Michael Lüth).

Rhynchostegium megpolitanum, Katalonien 2015 (Foto: Michael Lüth).

Typischer Standort von Rhynchostegium megpolitanum, Freiburg 2008 (Foto: Michael Lüth).

Die durchaus kräftigen Pflanzen von Rhynchostegium megpolitanum, Freiburg 2008 (Foto: Michael Lüth).

Rhynchostegium megpolitanum mit Sporophyten. Charakteristisch sind der geschnabelte Deckel und eine glatte Seta, Freiburg 2008 (Foto: Michael Lüth).

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Unregelmäßig verzweigte Pflanzen von Rhynchostegium megpolitanum, Idsteiner Klotz 2022 (Foto: Michael Lüth).

Spross von Rhynchostegium megpolitanum im Detail, Idsteiner Klotz 2022 (Foto: Michael Lüth).

Trichocolea tomentella Taubenberg Oberbayern 2005 WvBrackel

Astblatt von Rhynchostegium megpolitanum mit charakteristischer um 180° verdrehter Blattspitze, Sardinien 2024 (Foto: Martina Pöltl).