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Die „Zwergschildflechte“, Peltigera didactyla, ist die Flechte des Jahres 2013
Peltigera didactyla ist eine Art aus der Gattung der "Hunds-" oder "Schildflechten", für die, wie für die Mehrzahl der Flechten, kein gebräuchlicher deutscher Name existiert. Erst kürzlich wurde der Name "Zwergschildflechte" vorgeschlagen (*), der angesichts der Größe der Flechte wirklich gut passt. Denn innerhalb der Gattung, aus der einzelne Arten beachtliche Größen von mehreren Dezimetern Durchmesser erreichen können, gehört die Zwergschildflechte tatsächlich zu den kleinen Vertretern.
Aussehen
In einem ersten Stadium besteht sie aus kleinen, graubraunen, muschelförmigen Läppchen, auf deren Oberseite in Aufbrüchen (Soralen) vegetative Verbreitungseinheiten (Soredien) gebildet werden. Diese bestehen aus losen Päckchen von Pilzhyphen und Algen, die, vom Wind oder Regenwasser verfrachtet, zu neuen Flechten auswachsen können. Ältere Exemplare zeigen dagegen ein rosettiges Wachstum und bilden an Fortsätzen am Thallusrand Fruchtköper (Apothecien) aus, in denen generativ Sporen erzeugt werden. Solange sie Sorale trägt, ist sie nur mit der wohl nahe verwandten, etwas größeren und vor allem chemisch unterschiedenen P. extenuata zu verwechseln. Im generativen Stadium ähnelt sie anderen Arten der Gattung (etwa P. rufescens) und bereitet die bei Peltigera üblichen Bestimmungsschwierigkeiten.
Ökologie
Im Gegensatz zu den meisten anderen Arten der Gattung, die naturnahe und ungestörte Habitate bevorzugen, ist Peltigera didactyla eine ausgesprochene Pionierart und scheut auch vor ruderalen Standorten nicht zurück. So findet sie sich auf humusarmen, sandigen, grusigen oder steinigen Rohböden an Wegrändern und auf Brachflächen, in lückigen, mageren Rasengesellschaften oder auch an alten Feuerstellen. Sie kommt aber auch, häufig zusammen mit anderen Peltigera-Arten, in Kalk-Halbtrockenrasen, Sandmagerrasen oder alpinen Magerrasen (was ist denn das?) vor.
Verbreitung
Die Art ist aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz bekannt. Sie ist weltweit verbreitet und kann von der Arktis bis in die Antarktis gefunden werden. Sie wird nicht auf den Roten Listen von Deutschland, Österreich und der Schweiz geführt. In Deutschland ist sie sogar die einzige Art der Gattung, die nicht gefährdet ist.
Biologie
Eine interessante Besonderheit von Peltigera didactyla, die unter den heimischen Peltigera-Arten nur noch P. extenuata zeigt, ist der oben beschriebene Wechsel von vegetativer zu generativer Vermehrung im Lebenszyklus. Dieser führte dazu, dass die Art in ihren verschiedenen Wachstumsstadien mehrfach beschrieben wurde: als P. erumpens mit Soralen, als P. hazslinszkyi mit Soralen und Apothecien sowie als P. spuria nur mit Apothecien. Schließlich erkannte man, dass dies nur Lebensstadien einer einzigen Art sind. Möglicherweise ist diese Besonderheit eine Anpassung an die oft vergänglichen Standorte, an denen die Art vorkommt. Die schnelle Produktion von Soredien gewährleistet eine Vermehrung auch bei einer Vernichtung des Wuchsortes. Dagegen werden generative Sporen erst nach längerer Zeit produziert, wenn sich der Wuchsort doch als dauerhaft besiedelbar gezeigt hat. Bei dem Lebermoos Marchantia polymorpha (Moos des Jahres 2013), das ja auch vegetative wie generative Diasporen produziert, geschieht dagegen beides während des gesamten Lebenszyklus.
Flechtenbewohnende Pilze
Peltigera didactyla ist, wie andere Peltigera-Arten auch, Wirtsflechte für eine ganze Reihe flechtenbewohnender Pilze. Bisher sind 31 Arten bekannt, die auf Peltigera didactyla leben, dazu kommen sieben Flechtenarten, die parasitisch oder saprophytisch auf Peltigera didactyla gefunden wurden. Sie dürfte demnach eine der Flechtenarten mit den meisten parasitischen Pilzen und Flechten sein. Einer der häufigeren und auffälligsten Parasiten auf Peltigera didactyla ist der rotorangefarbige flechtenbewohnende Pilz Pronectria robergei sowie dessen anamorphes Stadium Illosporium carneum.
(*) Cezanne R., M. Eichler, M.-L. Hohmann & V. Wirth 2008: Die Flechten des Odenwaldes. – Andrias 17: 1-520.
Peltigera didactyla im Internet (kleine unvollständige Linkauswahl)
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Das „Brunnenlebermoos“, Marchantia polymorpha, ist das Moos des Jahres 2013
Das Brunnenlebermoos ist eine unserer auffälligsten Lebermoosarten. Mit seinem bandförmigen, nicht in Stamm und Blättchen gegliederten Lager (= Thallus) kann es große Flächen an feuchten Standorten, etwa am Grund von Mauern oder an Bachrändern, überziehen.
Aussehen
Kennzeichen der Art sind der breit bandförmige, gabelig geteilte, sattgrüne Thallus mit einem mehr oder weniger deutlich ausgebildetem schwarzem Mittelstreifen auf der Oberseite und die rundlichen Brutbecher mit linsenförmigen Brutkörpern. Von dem ähnlichen Kegelkopfmoos (Conocephalum conicum) unterscheidet sich die Art durch den Mittelstreifen und die Brutbecher. Das kleinere Mondbechermoos (Lunularia cruciata) hat halbmondförmige Brutbecher. Die Thallusoberseite ist netzartig gefeldert, innerhalb der Felder kann man schon mit bloßem Auge die kleinen Atemöffnungen als helle Pünktchen erkennen. Auf der Thallusunterseite liegen zwischen den Rhizoiden, mit denen sich die Pflanze an den Boden heftet, in Reihen angeordnete, farblose bis purpurrote Bauchschuppen. Die der sexuellen Vermehrung dienenden Gametangienstände erheben sich wie kleine Schirmchen über den Thallus; die weiblichen sind tief strahlig eingeschnitten, die männlichen scheibenförmig und schwach gelappt. Die Art ist diözisch: weibliche und männliche Gametangienstände kommen auf verschiedenen Pflanzen vor.
Verbreitung
Das Brunnenlebermoos ist eine nahezu weltweit verbreitete Art, die sich allerdings in den warmen Gebieten in die Gebirge zurückzieht. In Mitteleuropa ist die Gesamtart häufig und nicht gefährdet.
Die Art wird in drei Varietäten (bisweilen als Unterarten oder eigene Arten betrachtet) gegliedert, die sich sowohl morphologisch wie auch standörtlich unterscheiden: Die var. polymorpha mit einem ausgeprägten schwarzen Mittelstreifen kommt hauptsächlich an naturnahen, nassen Standorten von der Hügel- bis in die Bergregion vor (Niedermoore, Bachläufe), die var. ruderalis mit einem nur angedeuteten schwarzen Mittelstreifen vor allem an anthropogenen Standorten wie Pflasterritzen, am Grund von Mauern, in Gärtnereien und Baumschulen oder auch an Brandstellen; sie ist die häufigste Varietät. Die dritte Varietät, var. montivagans (gelegentlich auch als eigene Art, Marchantia alpestris betrachtet) hat keinen gefärbten Mittelstreifen, einen dickeren Thallus und kommt in Quellmooren und auf nasser Erde in höheren Gebirgslagen vor; sie ist in Deutschland rezent nur aus dem Bayerischen Wald und den Alpen bekannt, während sie in Österreich und der Schweiz sicher häufiger ist.
Biologie
Interessant ist die Fähigkeit der Art, sich neben der geschlechtlichen Fortpflanzung auch vegetativ zu vermehren. Dies geschieht durch die Bildung von Brutkörpern in auf der Thallusoberfläche liegenden Brutbechern. Die kleinen linsenförmigen Brutkörper werden von Regentropfen aus den Brutbechern geschleudert, wodurch sie einerseits in einer gewissen Entfernung von der Mutterpflanze auf den Boden gelangen, andererseits auch nur bei günstigen (feuchten) Witterungsbedingungen von ihr getrennt werden, was ein Vertrocknen verhindert. Einen ähnlichen Mechanismus finden wir bei einer Gruppe völlig anderer Organismen, den Teuerlingen im Reich der Pilze. Die den Brutkörpern des Brunnenlebermooses so ähnlichen Peridolen sind hier allerdings generativen Ursprungs.
Parasiten & Medizin
Das Brunnenlebermoos ist Lebensraum für eine Reihe von parasitischen bzw. parasymbiontischen Pilzarten wie Bryoscyphus atromarginatus, B. marchantiae, Didymosphaeria marchantiae, Octospora ithacaensis oder auch dem Brunnenlebermoos-Nabeling (Gerronema marchantiae). Diese haben es geschafft, die Barriere der verschiedenen fungiziden Substanzen zu überwinden, die von Marchantia polymorpha produziert werden (Plagiochin E, Marchantine u.a.). Diese Fungizide könnten medizinisch von Interesse werden, da sie etwa gegen Candida albicans wirken, der Hautkrankheiten verursachen kann. Als nicht mehr dem Stand der Wissenschaft entsprechend erscheint uns dagegen heute der Einsatz von Marchantia gegen Leberkrankheiten, wie er gemäß der Signaturenlehre üblich war.
Marchantia polymorpha im Internet (kleine unvollständige Auswahl):
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