Das Sparrige Kranzmoos, Rhytidiadelphus squarrosus, ist das Moos des Jahres 2021

Das Sparrige Kranzmoos (auch Sparriger Runzelbruder, sparriger Runzelpeter) ist ein häufiges Moos in feuchten oder frischen Wiesen und kann vor allem in häufig geschnittenen Rasenflächen große Bestände bilden. Durch seine sparrige Beblätterung und die lang ausgezogenen Blattspitzen ist es ist es in regelmäßig gemähten Wiesen kaum mit einer anderen Art zu verwechseln.

Aussehen

Rhytidiadelphus squarrosus gehört zu den seitenfrüchtigen (pleurokarpen) Laubmoosen, d. h. die Sporenkapseln werden nicht an den Spitzen der Sprosse sondern an seitlichen Trieben gebildet. Dies lässt sich an unserer Art
Rhytidiadelphus squarrosus; Foto: Christian Bergkaum beobachten, da es nur sehr selten Sporogone ausbildet. Allgemein haben die seitenfrüchtigen Laubmoose aber eher ein kriechendes oder rasenbildendes Erscheinungsbild und weniger das polster- oder kissenförmige der gipfelfrüchtigen Laubmoose. So bildet das Sparrige Kranzmoos lockere Rasen aus aufrechten oder aufsteigenden Stämmchen. Diese sind orange bis rotbraun, unregelmäßig verzweigt und weisen sternförmig beblätterte Sprossenden auf. Die dicht stehenden Stämmchenblätter bestehen aus einer breit eiförmigen Basis und einer lang ausgezogenen Spitze, die deutlich zurückgekrümmt ist. Die Rippe ist kurz und doppelt und erreicht höchstens ein Drittel der Blattlänge. 

Die übrigen häufigeren Arten der Gattung besiedeln andere Habitate und sind deutlich größer. Oberflächlich ähnliche Arten der Gattung Campylium (Goldschlafmoose) sind dagegen zarter und weniger dicht beblättert.

Ökologie

Die nährstoff- und feuchtigkeitsliebende, kalkmeidende Art kommt in frischen bis feuchten Wiesen aller Art vor, auch auf Waldwegen und Wegböschungen. Besonders gut gedeiht sie in häufig geschnittenen kurzen Rasen, etwa in Gärten und in Parkanlagen. Hier kann sie bei zu kurzem Schnitt  und regelmäßiger Bewässerung die Oberhand über die Gräser gewinnen und (fast) reine Moosrasen bilden. Dies macht die Art zu einem gefürchteten Rasenunkraut.

Verbreitung und Gefährdung

Die Art ist auf der Nordhalbkugel weit verbreitet. In Mitteleuropa kommt sie von der Ebene bis ins hohe Gebirge vor und meidet nur die ausgesprochenen Trockengebiete. Sie ist ausgesprochen häufig und in keiner Weise gefährdet. Ihr häufiges Vorkommen im Siedlungsraum zeigt, dass sie nicht besonders anfällig für Schadstoffe ist. Allerdings meidet sie wohl stark luftverschmutzte Stadtgebiete1); ob es diese jetzt bei uns überhaupt noch wie zu Zeiten von Düll im Ruhgebiet gibt ist fraglich.

Biologie

Das Sparrige Kranzmoos fruchtet in Mitteleuropa sehr selten, so dass die Verbreitung vor allem über Sprossbruchstücke stattfindet. Ein wirksames Verbreitungsmittel sind dabei wahrscheinlich die im öffentlichen Raum eingesetzten Mähgeräte.

Parasiten

Auf dem Sparrigen Kranzmoos findet sich gelegentlich das Glanzmoos-Moosbecherchen Bryoscyphus phascoides, das allerdings nicht spezifisch auf dieser Art vorkommt.3) Weiterhin wurde auf der Art Bryoscyphus rhytidiadelphi gefunden (J. Eckstein, pers. Mittlg.), das auf R. triquetrus beschrieben wurde und offenbar spezifisch für die Gattung Rhytidiadelphus ist. 

Bekämpfen oder nicht?

Auf dem Markt finden sich etliche Produkte, die zur Bekämpfung von Moosen im Rasen dienen sollen. Sie basieren überwiegend auf Eisen-II-Sulfat, Pelargonsäure oder Essigsäure. Darüber hinaus wird gelegentlich Vertikutieren empfohlen, was andernorts eher für kontraproduktiv gehalten wird. Auch eine Düngung des Rasens drei- bis fünfmal im Jahr wird empfohlen, mit der (etwas undifferenzierten) Begründung: "Moos ist eine Zeigerpflanze für Stickstoffmangel". 

Bernhard Kaiser sagte 2004: " Beginnen Sie keinen Privatkrieg gegen diese wunderschönen Pflanzen, den Sie ohnehin verlieren werden." 2). Gemeint ist damit der Gartenbesitzer, der seinen Rasen stets so kurz hält, dass die niedrigen Moospflanzen von der Mahd nicht geschädigt werden, wohl aber die höher wachsenden Kräuter und Gräser. Über die Schönheit der Art gibt es sicherlich unterschiedliche Ansichten, sie offenbart sich hier wirklich erst unter der Lupe oder dem Mikroskop. Die Chancen, den Kampf zu gewinnen, stehen aber gar nicht so schlecht. Oft reicht es schon, den Rasenmäher 1–2 cm höher einzustellen und vielleicht nicht jede Woche zu mähen. Auch eine Reduktion des Rasen­sprengens (oder gar das völlige Einstellen) ist wirksam. Beide Maßnahmen helfen darüber hinaus, den Hausgarten arten- und blütenreicher zu gestalten. In selten betretenen Bereichen genügt je nach Nährstoffgehalt des Bodens eine Mahd 1–3 × im Jahr; dann werden Sie die lästige Art, falls Sie sie für eine solche halten, rasch loswerden. 

Will man jedoch unbedingt seinen kurzgeschorenen Rasen behalten, kann man sich auch mit dem Sparrigen Kranzmoos arrangieren. Grün und betretbar ist die Wiese dann allemal.

Links

3) https://asco-sonneberg.de/pages/gallery/bryoscyphus-phascoides-croziers--181028-iw040-01xsjj40480.php

 

Literatur

1)Düll, R. 1990. Exkursionstaschenbuch der Moose. – Bad Münstereifel.

2)Meinunger, L. & Schröder, W. 2007. Verbreitungsatlas der Moose Deutschlands. − 3 Bde., Regensburg.

Sauer, M. 2001. Rhytidiadelphus (Limpr.) Warnst. – In: Nebel, M. & Philippi, G. (Hrsg.) Die Moose Baden-Württembergs. – 3 Bände, Stuttgart.

 

Bilder von Rhytidiadelphus squarrosus

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 Rhytidiadelphus squarrosus; Foto: Christian Berg

Rhytidiadelphus squarrosus [C. Berg].

Rhytidiadelphus squarrosus; Foto: Christian Berg

Rhytidiadelphus squarrosus [C. Berg].

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Rhytidiadelphus squarrosus in einer Wiese in Röttenbach/Franken [W. v. Brackel].

 

Rhytidiadelphus squarrosus in einer Wiese bei Röttenbach, Foto: Wolfgang von Brackel

Rhytidiadelphus squarrosus in einer Wiese in Röttenbach/Franken [W. v. Brackel].

 

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Rhytidiadelphus squarrosus in Aufsicht [C. Berg].

 

Rhytidiadelphus squarrosus, Makrofoto, Seitenansicht [C. Berg].

 Rhytidiadelphus squarrosus, Spross in Seitenansicht [C. Berg].